Dienstag, 9. Oktober 2007

von steaks und atombomben

Ja liebe Leute,

hab mich jetzt dann doch mal zu dieser neuen Errungenschaft der Technik, dem Blog durchgerungen. Ist mir ja nicht wirklich leicht gefallen, doch nachdem ich massivst unter Druck gesetzt wurde, doch mal wieder Bilder und Berichte zu mailen, erfolgt die Veröffentlichung neuer Abenteuer auf den Spuren Che Guevaras und San Martíns auf diesem Wege. Das einzige, worüber ich mir noch nicht ganz im klaren bin ist, ob ich alles kleinschreiben oder auch die großbuchstaben berücksichtigen soll. ach ich glaub ich werde die einfach mal ignorieren. für kritik an diesem vorgehen habe ich jederzeit ein offenes ohr...

ja, was hab ich so erlebt? also vor ungefähr zwei wochen war ich im schönen argentinien. ist ja nicht weit, grade einmal ein kleines stück gebirge dazwischen, doch die habens in sich: die fahrt mit dem bus ging vorbei am höchsten berg ausserhalb des himalaya, dem aconcagua mit 6.962m. auch sonst sind die anden ein sehr beeindruckendes gebirge; infrastrukturell noch nicht so erschlossen wie die alpen (keine skigebiete alle 3km), selbst an leitplanken an den straßen mangelts. die adler sind hier etwas größer und heissen kondore und auch der schnee fällt von märz bis september und nicht andersrum. alles in allem sehr imponierend.









































nach etwa 24 stunden in einem reisebus mit liegesesseln, frühstück und frischem café kam ich dann auch schon auf der anderen seite südamerikas in buenos aires an. ist schon etwas größer als santiago, ging etwa eine stunde nur durch stadtstadtstadt. 16 millionen einwohner müssen ja auch irgendwo platz haben. trotz regen und latenter müdigkeit habe ich dann nicht auf einen kleinen stadtspaziergang verzichtet, auf dem ich gleich mal die neuesten tipps und tricks der argentinischen straßengauner kennenlernen durfte:

(frau mittleren alters taucht neben mit auf, mitleidiger blick)
frau: "ooh, junger mann, sie haben da farbe an ihrer hose, die kam vom haus da oben..."

(erblicke weisses zeug hinten auf meiner hose)
ich: "ach so ein pech aber auch..."

frau: "benötigen sie vielleicht ein taschentuch? so ein ärger, eieiei..."

ich: "klar gerne. rucksack auch voller farbe?"

frau: "jaja, alles voller farbe. ach mensch..." (hilft mir, meinen rucksack in eine ecke zu stellen, während ich mir die hose reinige)

(wenige sekunden später, andere frau kommt hinzu, während ich reinigenderweise vor meinen rucksäcken stehe, und zeigt in eine komplett andere richtung auf irgendeinen punkt am himmel)
andere frau: "schau mal, da oben"

naja, hab mir dann in diesem moment gedacht "so nicht, liebe leute", mich schützend vor meine rucksäcke gestellt und das dann zum glück noch rechtzeitig vor dem jungen mann, der scheinbar unbeeindruckt sein handy begutachtet und dabei zielstrebig auf meine rucksäcke voller gold zuging. die damen sind brabbelnderweise vondannen gezogen, während ich den rest der sonnenmilch auf meiner hose entfernt habe.

aber es ist nicht alles schlecht in buenos aires. toll sind zum beispiel die häuser, die neoklassizistisch einen eindruck von paris, london oder auch berlin vermitteln. kleine gässchen mit netten cafés und viel grün, ein stadion in den schwedischen nationalfarben (für die fussballfans: boca juniors) und vor allem: fleisch soweit das auge reicht. die argentinier kennen da ja keinen mangel, sie ziehen die kühe nicht groß um die wiesen kurz zuhalten oder um milch zu zapfen, nein, sie ziehen sie groß um sie zu schlachten und fleisch zu produzieren. bife de chorizo, lomo, cuadril, tira de asado - parilla ist das zauberwort. drei euro für ein steak vom grill in der größe einer pizza, traumhaft.

genug der schwärmerei. es gab auch tango, der getanzt werden wollte. also bin ich mit dem christof, den ich da besucht habe, und einigen mädels aus meinem hostal zu einer milonga (so etwa wie tanztee auf argentinisch) gegangen. eine der mädels konnte einige schritte, und so hat sie mich dann in die kunst dieses hochdramatischen, tieftraurigen, aber dennoch charaktervollen tanzes eingeweiht. nett wars.

















am dienstag abend gings dann nochmal mit christof auf eine demo für die gerechte sache. und zwar sollte julio lópez gedacht werden, einem einfachen arbeiter, der als kronzeuge gegen schergen der vor über 20 jahren beendeten militärdiktatur aussagen sollte. vor einem jahr verschwand er dann spurlos und gilt seitdem als weiterer "desaparecido", als verschwundener, von denen in der zeit der militärjunta mehr als 20.000 menschen ermordet wurden. gegen dieses verschwinden wurde an diesem tag demonstriert, da es für die argentinier unvorstellbar ist, dass so etwas heutzutage in einem "demokratischen" argentinien passieren kann.

ich fands sehr interessant, da die argentinier durch diese zeit sehr traumatisiert, aber dennoch hochpolitisiert sind. unzählige parteien (auf dieser demo hauptsächlich links, logisch) haben aus dieser demo ein kleines event gemacht, mit musik und tanz, aber dennoch kämpferisch. in chile, einem land, welches auch immens unter der diktatur gelitten hat, sehen demos anders aus: erst wird mit einigen postern demonstriert, dann werden auf der einen seite die steine und molotiv-cocktails und auf der anderen seite tränengas und wasserwerfer rausgeholt. an den jeweiligen tagen fällt dann immer uni aus, was auch seine positiven seiten hat.

















weiter gings dann über flache pampa (ich hab noch nie soviel flachland mit wiesen und kühen gesehen, einfach nur flachflachflach über hunderte von kilometern) nach córdoba. das ist so eine stadt etwa in der mitte von argentinien mit vielen studenten. hab da mit der judith, die auch in santiago studiert, die stadt erkundet. auch ganz nett, mit vielen mittelalterlich-spanisch anmutenden klostern, netten leuten und steaks. waren auch ein bischen feiern, ist ja ne studentenstadt, in der so einiges geht. so als kleine anekdote: im falklandkrieg, in dem england militärisch einige felsen im südatlantik zurückkolonialisieren wollte und dies auch geschafft hat, war córdoba potenzielles ziel für eine atombombe, sollte argentinien die oberhand gewinnen oder zuviele englische soldaten fallen. wäre schade drum gewesen...

ja auf jeden fall gings dann auch wieder zurück ins schöne santiago zu studieren, was ich jetzt auch grad wieder mache.

so, demnächst gibts dann einige geschichten von vulkanen, thermen und pferden, bis dahin ganz liebe grüße
euer olli

ach ja, sorry dass es nicht mehr bilder gibt und vor allem nur geklaute (hehe), aber meine kamera hat letztens entschieden, ohne mich weiterzureisen und ist im bus geblieben...

2 Kommentare:

slim-domino hat gesagt…

Hallo Olli,
finde es toll, dass du dich in die welt der hochtechnologie gewagt hast. Somit weiß ich alter mann auch endlich was ein blog ist!!!
Super storys und es werden sicherlich noch mehr.
Ein hoch auf die argentinischen Pizza-Fleischlappen.
Bis die Tage
Rudi

Unknown hat gesagt…

Hey Olli,
bin Blogs gegenüber ja bisher immer sehr zurückhaltend gewesen, weil sie entweder langweilig oder prätentiös oder beides sind, aber Deinen les ich sicher täg... wöch... äh... die vier, fünf Mal im Jahr, die's was Neues gibt. :D
Lieben Gruß
Nicki